Schnellere Pferde!
Das neudeutsche Wort „Requirements Engineering“ steht für die Kunst herauszufinden, was jemand wirklich will. Das sollte nicht so schwer sein, oder? Einfach mal fragen? Ja, stimmt. Aber es gilt auch Henry Fords Bonmot zu bedenken: „Hätte ich die Menschen gefragt, was sie wollen, hätten sie gesagt schnellere Pferde“. Und kein Mensch forderte 2007 von Steve Jobs ein tragbares Telefon, mit dem man Musik hören kann und gleichzeitig im Internet surft.
Also bleibt es eine Herausforderung herauszubekommen, was sich die Menschen wirklich wünschen. Und dieser Punkt wird nochmal relevanter, wenn man es mit neuen Technologien zu tun bekommt, die der/die Befragte gar nicht kennt. Entwicklungsansätze wie Design Thinking oder BXT (siehe auch digital.pwc.com/en/bxt.html) helfen solche Umstände zu adressieren. Sie beruhen auf der Annahme, dass Problemlösungen am besten disziplinübergreifend erarbeitet werden und dabei der Mensch im Mittelpunkt steht. Natürlich nicht irgendein Mensch, sondern jemand, der bei dem späteren Einsatz der Lösung eine Rolle spielt.
Die Palettentauschrollen
Um diese Rollen in einem konsortialen Kontext zu bestimmen, eignet sich die Arbeit an einem gemeinsamen Prozessmodell. Unser Palettenmanagement wurde daher in fünf Teilprozesse gegliedert und diente als Basis, ein gemeinsames Verständnis zu erarbeiten, wer beim Tausch mitwirkt und wie wir ihn bezeichnen wollen. Diese Rollen, also beispielsweise „Belader des LKWs“ oder „Büro Warenausgang“ bilden die Basis für die weitere Arbeit. Für sie werden in Form von Userstories die Anforderungen definiert und Abnahmekriterien festgelegt – so wie wir es in einem früheren Blog beschrieben haben:
<link innovation blockchain-blog wer-macht-eigentlich-was>
www.gs1-germany.de/innovation/blockchain-blog/wer-macht-eigentlich-was/
Wir setzen über in die Blockchain-Welt
Die dokumentierten Userstories stellen Anforderungen von Ist-Rollen an die Ist-Prozesse dar. Um diese in die Blockchainwelt zu überführen, benötigen wir eine „Übersetzung“. Dabei wird aus der Forderung des Beladers, am Ende des Vorgangs, einen vom LKW-Fahrer unterschriebenen Palettenschein zu erhalten, eine Anforderung, dass stattdessen ein den Tauschvorgang beschreibender Datensatz in der Blockchain vorliegt. Will das Büro Warenausgang den getauschten Palettentyp wissen, wird in unserer neuen Welt daraus ein GRAI (Global Returnable Asset Identifier), den die GS1 als Industriestandard definiert hat.
So arbeiten wir uns durch die Anforderungsliste. Beteiligt sind Paletten-Kenner, Blockchain-Experten, Standardisierungsspezialisten sowie UX-Designer und gleichsam entsteht eine erste grobe Skizze einer Lösung.
Wir erkennen, dass wir zwei Zugänge zu unserer Blockchain benötigen. Eine mobile Anwendung, die ein Fahrer oder ein Mitarbeiter im Lager mitführen kann und eine Desktopanwendung zur Unterstützung der administrativen Prozesse im Büro. Ein Sollprozess bildet sich heraus, an dem nur noch vier Rollen beteiligt sind: Ein Fahrer, ein Logistiker, ein Mitarbeiter in der Belegabwicklung und ein Autorisierer.
Über Prototypen mit zunehmendem Auflösungsgrad
Wir beginnen für jede Rolle die benötigten Funktionen zu beschreiben und diese werden dann in einem ersten Entwurf der Screens verortet. So entwickeln und testen wir Prototypen mit zunehmenden Auflösungsgrad: Zunächst am Whiteboard und mit Papier grobe Funktionen und Abläufe, dann per Powerpoint die Bildschirme mit ihren wichtigsten Feldern, verwendete Standards und Anwendungslogik und zuletzt mit Hilfe eines Screen Mockup Programmes alle Felder mit Auswahloptionen, Systeminteraktion und –nachrichten.
Getestet werden die Prototypen je nach Auflösung, indem wir die verschiedenen Prozessschritte durchlaufen und die Lösung gegen die Userstories und Abnahmekriterien halten. Dabei wird auch der Kreis derjenigen, die sich das Design anschauen, beständig erweitert. Und am Ende erhalten wir in einer Websession mit allen Projektmitgliedern das OK. So geben wir die Lösungsidee an die Programmierer weiter und warten ungeduldig auf die Umsetzung.
PwC
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